Hechtangeln — kleine oder große Köder
Big Baits vs kleine Köder — Hechtsaisonstart auf Rügen
Der Eine musste die ganze Zeit arbeiten, der Andere war lieber Barsche angeln und der Dritte war wieder an der Küste. So verschob sich der lang ersehnte Saisonstart ein wenig. Ich war auf jeden Fall heiß wie Frittenfett endlich wieder Hechtangeln zu gehen. Kurzentschlossen mieteten wir uns ein Boot und düsten nach Stralsund.
Drei Strategien und Köder zum Hechtangeln
Henrik hatte schon Wochen vorher von seiner neuen Big Bait-Kombo erzählt. Dabei handelt es sich um eine St. Croix Legend Tournament Sling Blade gepaart mit einer Abu Garcia Toro Beast. Das ideale Arbeitsgerät um Köder weit jenseits der 100 Gramm Marke zu verarzten. Entsprechend motiviert war er natürlich die ganz großen Lappen zu schmeißen. Ich stapelte etwas tiefer und baute auf kleinere Köder zwischen 15cm und 20cm, welche ich an einer Evergreen Wild Stallion zusammen mit einer Daiwa Tatula HD Custom fischte. Gabriel setzte, wie immer wenn irgend möglich, auf die Fliegenrute.
Tag 1 auf Rügen: Sonne, kein Wind und spiegelglattes Wasser
Nicht unbedingt das Lieblingswetter zum Hechtangeln, vor allem da man auf Rügen oft auf das Driftfischen angewiesen ist. Nur ohne Wind, leider kein Driften über die typischen, weiten Flachwasserstrecken Rügens. Also konzentrierten wir uns auf etwas steilere Kanten, um diese punktuell abzufischen. Zum Glück interessierten sich auch gleich die ersten Hechte für meinen 6“ Shaker in der Farbe Alewife. Leider verfolgt mich seit geraumer Zeit eine Pechsträhne beim Hechtangeln, so dass mir gleich vier Fische in Folge wieder ausgestiegen sind. Ich hätte in meine Rute beißen können, aber immerhin wurden den anderen Anglern ein paar Luftsprünge und ein aufgebogener Haken geboten und wir wussten dass wir nicht ganz verkehrt lagen.
Am frühen Nachmittag frischte der Wind endlich auf und wir konnten zum gewohnten Driftfischen übergehen. Endlich blieb auch der erste Hecht wirklich hängen und wir begrüßten einen Fisch um die 70cm an Bord. Bei uns kehrte ein wenig Erleichterung ein, dass wir zumindest schon mal einen Fisch im Boot hatten und so fischten wir uns gemütlich durch den Nachmittag. Wie aus dem Nichts bekam ich plötzlich einen harten Einschlag. Der Anhieb saß und die Rute war krumm. Der Hecht am anderen Ende lieferte uns einen wilden Drill und versuchte direkt unters Boot zu entkommen. Mir liefen die Schweißperlen auf die Stirn, weil bei so einem Hechtmanöver die geflochtene Schnur ganz leicht durch die Muscheln unterm Bootsrumpf durchgescheuert werden kann. Genauso hatte ich bei meinem letzten Boddenbesuch einen Meterfisch verloren.
Es hieß also die Rute blitzschnell ins Wasser stecken und hoffen das der Fisch keine weiteren Dummheiten macht. Nach kurzem heftigen Drill hatten wir den Hecht auch endlich an Bord und schrammten mit 96cm knapp am Meter vorbei. Kurz darauf fing Henrik auch seinen ersten Fisch mit 84cm. Wir waren richtig happy machten ein paar Fotos und mussten kurz darauf leider schon wieder zurück in den Hafen, um das Boot um 17.00 wieder abzugeben. Das ist leider immer nervig an diesen Mietbooten, dass man sie immer dann wieder abgeben muss, wenn die spannendste Angelzeit eigentlich erst anfängt. Der Bootsvermieter ließ mich dann auch drei Mal das Boot schrubben aber mir war das egal, ich freute mich über den gelungenen Tag.
Tag 2 auf Rügen: “Steht der Wind auf der Kant hast du Fisch in der Hand”
Morgens am Hafen unterhielten wir uns noch mit einem befreundeten Guide, der uns freundlicherweise seinen Driftsack auslieh. Er warnte uns auch, dass es zum Nachmittag noch mal richtig ungemütlich werden könnte. Wir konnten das aber nicht so recht glauben, da wir feinsten Sonnenschein und kaum Wind hatten.
Mit einem guten Gefühl starteten wir in den zweiten Tag und fuhren direkt an den selben Spot vom Vortag, an dem sich auch gleich ein 75er Hecht bei 3m Wassertiefe meinen 6″ Shaker schmecken ließ. Auf dem Wasser lag ein leichter Wind, der es uns ermöglichte endlich ins Flachwasser zu fahren und die Jerkbaits auszupacken. Für mich ist Jerken einfach die beste Hechtfischerei, da man die Bisse oft live sehen kann und die Hechte im flachen Wasser spektakuläre Drills liefern.
Es dauerte auch nicht lange bis die ersten Hechte unseren Ködern bis ans Boot folgten. Wir versuchten sie direkt vorm Boot noch mit kleinen Twitches in die lose Schnur zu überzeugen. Geklappt hat das jedoch in der Regel nicht. Auch wenn die meisten Hechte wieder abdrehten, war das Ganze dennoch ein beeindruckendes Schauspiel. Nachdem mir kurz zuvor ein Esox ausgestiegen ist, konnte ich letztlich doch noch einen Hecht um die 70cm auf einen 15cm Buster Jerk erwischen. Im Großen und Ganzen zeigten sich die Hechte aber eher beißfaul.
Auf einmal drehte der Wind von Süd auf West und frischte auf Windstärke 5 auf. Oft sind dies genau diese Wetterumschwünge, die träge Fische wieder animieren. So kann ich mich noch genau an ein Erlebnis im finnischen Schärengarten erinnern, als ich drei Tage lang keinen Fisch fing und erst als der Wind auffrischte innerhalb von zwei Stunden mehr als 10 Hechte fangen konnte.
Aufgrund des einsetzenden Wellengangs verließen wir das Flachwasser, da sich dort sehr schnell gefährliche Wellen aufbauen können und düsten in tieferes Wasser. An Bord wurde es dennoch ungemütlich. Da die Wellen das Boot so sehr durchschaukelten fischte ich im Sitzen vorne auf dem Bug, als sich plötzlich irgendetwas meinen eingeleierten Gummifisch schnappte. Erst dachte ich an einen weiteren 70er Hecht, da der Fisch im Vergleich zum 96er wenig Gegenwehr zeigte. Auf einmal blitze jedoch unter Wasser eine breite, langgezogene Flanke auf und wir sahen, dass da was deutlich größeres an der Angel hing. Im gleichen Moment als wir die Flanke sahen, muss der Hecht das Boot gesehen haben und drehte noch mal kräftig auf und marschierte mit mir eine Runde ums Boot. Zum Glück hatten wir Gabriels XXL Lachskescher dabei, den Henrik beherzt unter die Mutti schob. Beim Hechtfischen geht doch nichts über einen ausreichend großen Kescher! Das Maßband zeigte 1,03m und wir freuten uns mal richtig über diese lange Wurst.
Kurz darauf setzte zum Wind auch noch kräftiger Regen ein. Die Wellen wurden immer ungemütlicher und Gabriel hatte sich leider etwas eingefangen und machte keinen guten Eindruck, so dass wir den Tag verfrüht abbrechen mussten. Allgemein hatte Gabriel großes Pech, da er am zweiten Tag gesundheitlich angeschlagen war und daher bei der für den Fliegenfischer spannenden Flachwasserangelei nicht teilnehmen konnte. Wir haben also noch ein paar Rechnungen zu begleichen. Henrik ist mittlerweile auch wieder am Barsche angeln und Gabriel bestimmt wieder an der Küste. Ich freue mich aber schon sehnlichst auf den nächsten Hechttrip.
Zusammenfassung der gemachten Erfahrungen: Insbesondere zum Start der Hechtsaison sollte man kleineren und mittleren Hechtködern oft den Vorzug geben. Dies gilt insbesondere für die Boddengewässer, in denen sich die Hechte noch sehr auf die fettreichen Heringe eingeschossen haben. Oft ist ein kleiner Wetterumschwung, wie das Auffrischen des Windes entscheidend, weil dieser an einem sonnigen, ruhigen Tag den nötigen Impuls liefert, insbesondere die besseren Hechte in Fresslaune zu bringen.
Top Bericht, sehr angenehm zu lesen! Ach und dickes Petri , besonders zum Meter!