Als ich am letzten Freitag vormittags in Duisburg aus dem HKX ausstieg und von meinen Freunden Nico und Kay am Bahnhof abgeholt wurde, hatte ich noch keine Ahnung, welche Strapazen noch vor uns lagen. Wir hatten einen Plan und wurden noch während der Organisation für das nun bevorstehende Wochenende von offizieller Seite für wahnsinnig erklärt.
Das Gunki Iron Tournament in Rotterdam.
Um es kurz zusammenzufassen: Ein 24-Stunden(!) Streetfishing Turnier, bei dem in Dreierteams Rotterdams Flüsse, Kanäle und Hafenbecken befischt werden sollten. „Klingt nach Spaß!“ muss ich mir irgendwann gedacht haben, als ich im Scale-Magazine zum ersten Mal auf eine Werbung für dieses Event stieß. Jedenfalls ging ab jenem Moment eigentlich alles recht schnell. Auf eine kurze Nachfrage via Whatsapp, ob denn unter meinen Freunden Interesse an einer Teilnahme bestünde, folgte eine derartige Resonanz, dass wir schließlich beschlossen, mit zwei Dreiertams anzureisen und im kollektiven Wahnsinnsfischen zu partizipieren. Team Hafenswat (Kay, Nico und meine Wenigkeit) und Team Pike-Attack standen bereit!
Am Freitag vor Turnierstart trafen wir, also Nico aus dem Freiburger Raum und meine Wenigkeit, uns also bei Kay in Duisburg, fischten dort noch entspannt ein wenig auf Rapfen, Barsch und Grundeln, bevor dann Danny, Captain des zweiten Teams (Pike-Attack), zu uns stieß und wir unser Tackle im Auto verstauten und versuchten, noch so viel erholsamen Schlaf wie möglich auf Vorrat zu tanken, bevor es zu einer unmenschlich frühen Uhrzeit auch schon wieder hieß, aus dem Bett zu springen und motiviert gen Holland zu düsen!
Vorbereitung und Ankunft in Rotterdam
Ich war bisher noch nie in Holland. Auf Youtube hatten wir ein wenig nach Videos gesucht, um benötigtes Tackle zu recherchieren, aber letztendlich hatte ich absolut keine Vorstellung von der Stadt Rotterdam und ihrem gewaltigen Ausmaß. Dementsprechend standen mir die Augen offen, als wir zum ersten Mal einen Blick auf die gesamte Kulisse Rotterdam erhaschen konnten! Eine wahnsinnig große Stadt erstrahlte im bunten Licht der Nacht vor uns und zeigte seine architektonischen Perlen, unter anderem die gigantische, bei Nacht angestrahlte Erasmusbrücke, ein wirklich gigantisches Bauwerk, das bei Nacht einfach unglaublich hervorsticht! Angeln in Holland war für mein Team Neuland, aber schon beim ersten Anblick der Stadt und ihrer Gewässer war klar, dass das nicht unser letzter Besuch dort sein würde!
An dieser Stelle schon einmal ein großes Lob an die Veranstalter! Schon beim Eintreffen am Maritim Hotel, dem Treffpunkt, Organisations- und Veranstaltungsort des gesamten Events, wurden wir freundlich empfangen und erhielten unsere individuellen Tags (dazu später mehr), einen Beutel mit Verpflegung, diversen Goodies in Form etlicher Softbaits und Jigs, sowie ein Shirt und ein spezielles Maßband fürs Turnier. Selbst für kostenlose Parkmöglichkeiten war gesorgt, wenn auch einen beträchtlichen Laufweg vom Startpunkt entfernt.
Beim offiziellen Start der Veranstaltung, bzw. bei der Besprechung kurz zuvor sammelten sich noch einmal alle Teams vollzählig im Saal des Hotels. Hier wurden zunächst die Partnerteams ausgelost: Jedes Dreierteam bekam ein fremdes Konkurrenzteam zugelost. Die zugelosten Teams mussten während des gesamten Turniers zusammen bleiben, zu Sicherheitszwecken und gegenseitiger Kontrolle, und bekamen einen Zeitplan, welches Team wann die Führung übernehmen sollte. Bevor es los ging, blieb Zeit sich mit seinem „Partner“- bzw. Kontrollteam bekannt zu machen. Wir wurden einem britischen Team zugelost und verstanden uns glücklicherweise direkt gut mit den ähnlich abgedrehten Engländern! Zu guter Letzt wurden noch einmal die wichtigsten Regeln des Turniers unmissverständlich erklärt, d.h. wie die Fische auf dem exklusiv für das Turnier gefertigten Maßbändern platziert und fotografiert werden sollten, welche Köder und Ködermengen erlaubt, bzw. strikt verboten sind, auch wenn diesen speziellen Punkt scheinbar nicht alle Teilnehmer verstanden, oder ernst genommen haben. Frédéric Jullian, bekanntes Gesicht von Illex und P&M und einer der Köpfe hinter dem Gunki Iron Konzept erklärte absolut einwandfrei sämtliche wichtigen Infos zum Ablauf und ließ eigentlich keine Fragen offen. Kurz darauf wurde es dann hektisch, zum offiziellen Startschuss drängten plötzlich alle Teams nach draußen, jeder war heiß auf Fisch und auch wir konnten es kaum abwarten, endlich loszulegen!
Der Start ins Turnier
Trotz unendlichem Elan und schnellem Schritt auf dem Weg ans Wasser konnten wir uns nicht wirklich vom restlichen Teilnehmerfeld absetzen, in der ersten Turnierhälfte vom Start zwischen zehn und elf Uhr bis zur Pause am Abend musste man sich wohl oder übel fast alle Hafenbecken und Spots mit etlichen anderen Anglern teilen! So richtig lief es bei den meisten Teams in der ersten Hälfte des Events auch nicht, die meisten Angler fingen zwar hier und da einen Barsch und auch andere Fische wie Alande und Zander kamen zu Tage, aber ich war fürs erste mit einem Anfang 50er Zander und einem Barsch knapp unter 30 cm zumindest nicht ganz hinten dabei. Kay und Nico hatten bis dahin nicht so viel Glück und insgesamt hatten nicht nur wir, sondern auch die anderen Teams mit extrem vielen Abrissen zu kämpfen.
An dieser Stelle kurz eine Erklärung zum Wertungssystem:
Jedes Team hat ein 15 Fische Limit, dabei können Barsche ab 25cm, Hechte ab 60cm, Zander ab 45 und alle anderen Arten ab 30cm Länge eingebracht werden. Um gewertet zu werden, musste jeder Fisch auf dem Tournament-Ruler, einem Maßband aus einer flexiblen Plane, ähnlich dem in Deutschland sehr beliebten Rawfinesse „The Scale“, platziert werden, mit geschlossenem Maul am Startpunkt und, sofern nötig, mit zwei Fingern auf dem Maßband fixiert. Dazu kamen die persönlichen „Tags“ zum Einsatz. Jeder Teilnehmer bekam zu Beginn ein laminiertes „Personal Tag“, auf dem die Teamnummer, der Name, die Gruppe im Teilnehmerfeld und einige andere Infos vermerkt wurden. Dieses Tag des Fängers, sowie ein zweites Tag eines Zeugen, bzw. des Fotografen mussten auf jedem Fangfoto mit zu sehen sein, damit dies seine Gültigkeit für die Wertung erhielt. Fürs Live-Leaderboard auf der Gunki Website, das ständig aktualisiert wurde, sendete jeder Teamcaptain zusätzlich die Teamdaten und die Länge jedes gefangenen Fisches an die Organisatoren.
Mit meinen zwei Fischen von 51 und 29cm gingen wir also mit schlappen 80 Punkten in die Pause. Immerhin war mein Zander der in der Mittagssonne mit brutaler Wucht auf einen Shad am leichten Jig gestürzt hatte, der größte Fisch, den wir bis dato zu Gesicht bekommen hatten.
Die zweistündige Pause wurde nun genutzt, um Energie zu tanken, Snacks wurden eingekauft und verputzt, zudem stand eine breite Auswahl an kühlen Getränken für die Teilnehmer kostenlos bereit. Wir entschieden uns zudem unser Gepäck zu halbieren, Kay und Nico ließen jeweils eine Rute zurück, Kay legte einen Teil seines komplizierten Taschenkomplexes ab und auch ich dünnte mein „Marschgepäck“ aus, denn schon nach den ersten paar Stunden zu Fuß spürten wir jedes einzelne Kilo unseres Gepäcks deutlich.
Nach der Pause musste ein Taktikwechsel her, wir überquerten die Erasmusbrücke und fischten unter anderem von der Insel in der Nieuwe Maas. Schon zu Anfang der zweiten Turnierhälfte konnte Nico sich endlich entschneidern und brachte mit einem starken 38er Barsch auch seinen ersten Fisch in die Wertung ein. Kay hatte leider immer noch mit vielen Fehlbissen und Aussteigern zu kämpfen, diese Pechsträhne gipfelte in der Nacht schließlich in einem verlorenen Drill mit einem großen Wels im Hauptstrom. Die Nacht brachte aber nicht nur Frust; im Gegenteil! Ich konnte schon bald einen 60er Zander verhaften und im Laufe der Nacht muss irgendwann ein Bann gebrochen worden sein, denn plötzlich begann das große Beißen! Innerhalb eines recht kurzen Zeitraums konnten wir mehrere Zander und schöne Barsche aus Rotterdams Gewässern verhaften, die nicht nur neuen Mut, sondern auch satt Punkte lieferten!
Nach einem Spotwechsel in der frühen Morgendämmerung erlebten wir zum zweiten Mal eine brandheiße Beißphase und nun ging es rund! Barsch auf Barsch attackierten unsere grundnah präsentierten Köder und endlich wurde auch die 40er Marke geknackt! Es sah richtig gut aus und als Nico einmal einen Blick aufs Smartphone wagte, zeigte das Live-Leaderboard an, dass wir uns von den Mittezwanziger-Rängen bereits an den Top Ten kratzten! Nun waren wir richtig wach, ich glaube ich habe selten so einen Motivationsschub beim Angeln erlebt! Einen Grund sich auf Erfolgen auszuruhen gab es natürlich nicht, ständig kamen neue Fische in die Wertung. Umso mehr freute es uns, dass wir auch an den nächsten Spots noch Kontakte, bzw. Fänge verbuchen konnten, es sah ganz gut für Team Hafenswat aus.
Das Ende des Turniers war für 12 Uhr Mittag am Sonntag angesetzt, bis dahin musste jedes Team am Checkpoint im Hotel eingetroffen sein und seine SD-Karte mit den Bildern abgegeben haben, wir überquerten also etwa eine Stunde vorher die Erasmusbrücke und wollten unser Limit in der Nähe des Hotels mit einem weiteren Barsch oder Zander füllen. Dieser Plan ging auch auf: Kurz nach unserer Überquerung des Flusses konnte ich an einer Strömungskante einen weiteren schönen Barsch von etwa 35–40cm haken, nur stieg dieser leider kurz vor dem Kescher aus. Kay konnte allerdings schnell einen weiteren, wenn auch deutlich kleineren Barsch nachlegen. Damit war unser Limit von 15 Fischen endlich komplett! Ein Turnierkontrolleur, ein sog. „Marshall“ kam kurz darauf vorbei und berichtet uns, dass wir uns in die Top Ten hochgefischt hatten.
Wenig später fanden wir uns pünktlich zum Abschluss-Check-In im Hotel wieder. Nach und nach strömten die Teams wieder in Richtung der Basis, denn keiner wollte Punktabzug durch Verspätung kassieren! Die Captains gaben die Fanglisten und SD-Karten mit den Fotos ab und letzte Checks wurden gemacht, sämtliche Fotos wurden einer Echtheitsüberprüfung und Regelkonformität unterzogen und im Saal wurden Gruppenfotos der Teams geschossen, während das Abschlussbuffet aufgebaut wurde. Wir konnten die Siegerehrung kaum abwarten, waren aber auch froh, endlich eine Stärkung genießen zu können! Wie ausgelaugt, müde und insgesamt einfach kaputt wir nach diesem kräfte- und nervenzährenden Marathon waren, brauche ich wohl niemandem zu erzählen, ich lasse einfach ein Foto sprechen, dass Augenringe und Co. wunderbar in Szene setzt!
Die Siegerehrung des Gunki Iron Tournament offenbarte dann, was ich eigentlich nicht für möglich gehalten hatte: Von 43 Teams hatten wir uns in der uns unbekannten Stadt Rotterdam, trotz eines miesen Starts, auf Platz 7 hoch gekämpft! Noch nicht das Treppchen, aber wir waren und sind noch immer absolut zufrieden und glücklich mit dem Ergebnis! Ohne Ortskenntnis, mit extrem guter und zahlreicher Konkurrenz und einem Übermüdungsniveau, das seinesgleichen sucht darf man darauf sicherlich auch mal Stolz sein! Ich bin es jedenfalls und werde wiederkommen!
Ebenfalls eine starke Leistung hat Angelkumpel und Pike-Attack-Teamcaptain Danny erbracht, der nach der Aufgabe seiner Teamkameraden und der damit verbundenen Disqualifikation trotzdem knallhart bis zum Ende durchgehalten und weitergefischt hat!
Wir werden beim nächsten Mal sicher wieder dabei sein, ich hatte viel Spaß vor Ort und die Stadt Rotterdam gefiel mir und meinen Buddies auch einfach viel zu gut, um nicht wieder zu kommen! Für eine „Erstausgabe“ war dieses Event einfach der Wahnsinn! Top durchorganisiert, von Anmeldung über Durchführung bis zur Siegerehrung gab es keine Probleme und ich habe großen Respekt vor der Arbeit aller Beteiligten, die das möglich gemacht haben. Wir haben interessante und lustige Personen kennen gelernt und trotz verschiedenen Herkunftsländern, sei es Deutschland, Holland, England oder Frankreich konnte man sich eigentlich wunderbar mit allen Beteiligten austauschen, was sicherlich auch darin begründet ist, dass Jeder Teilnehmer in gewisser Weise denselben Wahnsinn in sich trägt; Warum sonst sollte man sich selbst mit 24 Stunden Rennerei und Schlafentzug bestrafen!? Es war jedenfalls ein Riesenspaß und ich freu mich aufs nächste Gunki Iron Tournament in 2015!