Schwermetalle in unseren Flüssen gefährden den Aal
Aalweibchen geben giftige Schwermetalle an ihre Eier ab
(dpa) Um sich fortzupflanzen, unternehmen Aale am Ende ihres Lebens eine bis zu 7000 Kilometer weite Wanderung. Da sie während dieser langen Reise nichts fressen, nutzen sie im Körper gespeicherte Mineralien und Fettreserven um sich für die sexuelle Reifung und das pausenlose Schwimmen zu versorgen
Im Zuge dessen werden sowohl Muskelgewebe als auch Knochen abgebaut, und zuvor eingelagerte Schadstoffe wie Schwermetalle werden im Körper frei und verlagern sich während der Reifung in die Fortpflanzungsorgane der Fisch. Besonders für hoch belastete Tiere könnte dies sich negativ auf die Reproduktion auswirken.
«Schwermetalle und einige andere Schadstoffe setzen sich in Fluss-Sedimenten ab, in deren Nähe wiederum die Aale bevorzugt leben und belastete Nahrung aufnehmen.»
Marko Freese, Biologe am Thünen-Institut
Aale geben gesammelte Schwermetalle in Eier ab
Weibchen der vom Aussterben bedrohten Europäischen Aale geben zuvor eingelagerte und potenziell giftige Metalle an ihre Eier ab. Dies könnte den Fortpflanzungserfolg der auf der Roten Liste der gefährdeten Arten (IUCN) stehenden Tiere beeinträchtigen. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Montag veröffentlichte Studie unter Federführung des Bremerhavener Thünen-Instituts für Fischereiökologie und der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen.
Die Wissenschaftler untersuchten in ihrer Studie den Abbau von Knochen- und Muskelsubstanz während der Reifung von Aalen und entdeckten dabei, dass in Muskeln, Knochen und Leber angesammelte Schwermetalle wie Cadmium, Kupfer, Mangan und Quecksilber während des Prozesses der Geschlechtsreife in die Eierstöcke der weiblichen Aale übertragen werden.
Umweltschützer wiesen schon vor Jahren darauf hin, dass vor allem Aale aus industriell genutzten Flüssen hohe Schadstoffgehalte vorweisen können. «Schwermetalle und einige andere Schadstoffe setzen sich in Fluss-Sedimenten ab, in deren Nähe wiederum die Aale bevorzugt leben und belastete Nahrung aufnehmen», sagte Marko Freese, Biologe am Thünen-Institut. Im Gegensatz zu den meisten anderen Fischarten reproduziert sich der Aal nur ein einziges mal in seinem Leben und bis dahin kann länger als ein gutes Jahrzehnt vergehen «Während dieser Zeit fressen und wachsen die Aale und speichern dabei laufend Schadstoffe in ihren Körpern», sagte Freese.
Zum Laichen schwimmen die Europäischen Aale schließlich tausende Kilometer bis in die Sargassosee im Atlantischen Ozean, süd-östlich von Bermuda. Die Tiere stellen dabei ihre Nahrungsaufnahme ein und beginnen erst während dieser Wanderung ihre Eier und Samenzellen zu entwickeln. Im offenen Ozean des Laichgebietes angekommen entwickeln sich nach erfolgreicher Befruchtung aus den Eiern rasch die sogenannten Weidenblattlarven der Aale. Nun dauert es zwischen einem und drei Jahren, bis die kleinen Aallarven an den Nordafrikanischen und Europäischen Kontinent zurücktransportiert werden. An den Kontinentalrändern angekommen, entwickeln sie sich weiter zu jungen, durchsichtigen Glasaalen und werden dann in heimischen Gewässern zu erwachsenen Aalen.
«Es ist bekannt, dass diese Metalle freie Radikale erzeugen, die toxisch wirken können.»
Larissa Rizzo, Onkologin vom Klinikum der RWTH.
Aalen bauen Skelett ab, um Mineralstoffe zu nutzen
Das internationale Wissenschaftlerteam belegt in seiner Studie mithilfe von komplexen Analyseverfahren wie CT (Computertomographie) und ICP-MS (Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma) erstmals im Detail, wie Aale ihr Skelett als Mineralstoffquelle nutzen, um auf der langen Reise ihre Geschlechtsorgane aufzubauen. Die Masse der Knochen nimmt stark ab, ebenso wie das darin enthaltene Phosphor und Kalzium. Beide Substanzen braucht der Aal für seine Reifung. «Aale können wie andere Salzwasserfische auch gelöstes Kalzium aus dem Meerwasser aufnehmen, aber gerade für den Bedarf an Phosphor nutzten sie ihre eigenen Körperreserven», sagt Freese. Bei diesem Abbauprozess werden auch die Schwermetalle in die sich entwickelnden Eier übertragen. «Es ist bekannt, dass diese Metalle freie Radikale erzeugen, die toxisch wirken können», sagte Larissa Rizzo, Onkologin vom Klinikum der RWTH.
Die Erkenntnisse dieser Studie zeigen dass neben der Flussverbauung, Fischerei, Parasiten und Krankheiten auch der Transfer von Schadstoffen, wie den Schwermetallen vom Mutterfisch auf die Eier dem Europäischen Aal das Überleben schwer machen.
In diesem Artikel findet Ihr Ursachen für den Rückgang der Aalpopulation.