Wie baut man eine Fliegenrute? Das Epic “Ready to Wrap” Kit
Das Projekt "eigene Fliegenrute" - Rutenbau leicht gemacht!
Fliegenrute selber bauen
Die Idee eine eigene Fliegenrute zu bauen, schwebt mir fast so lange im Kopf herum, wie ich fische. Immer wieder habe ich ein bisschen an alten Ruten verbessert oder herumgebastelt und von der Rute Marke Eigenbau geträumt. Einige Male hatte ich schon alles im Warenkorb zusammen, die Bestellung aber doch nicht abgeschickt. Zu groß die Unsicherheit: “Habe ich jetzt wirklich alles, was ich brauche?” — “Bekomme ich das selber hin?” — “Wird das Ding geil?”
Alle diese Fragen gehören der Vergangenheit an und mittlerweile habe ich einige Ruten gebaut. In diesem Artikel stelle ich Euch ein praktisches Kit vor, das neben allen Zutaten für die (erste) Eigenbau Rute auch eine hervorragende Anleitung liefert — darüber hinaus hält man am Ende eine hochklassige Fliegenrute in der Hand. Los geht’s.
Vorbereitungen vor dem Rutenbau
Das Epic Ready to Wrap Kit wird von Swiftflyfishing vertrieben, einer Marke aus Neuseeland, die auf Fliegenruten aus Glas- und Kohlefaser spezialisiert ist. Wenn das Paket zu Hause ankommt, hat man tatsächlich alles am Start, was man für den Bau einer Fliegenrute braucht. Selbst die Bohrung des Griffes und die Abstimmung der einzelnen Größen und Durchmesser ist bereits erledigt. Auch Garn (für die Ringwicklungen) sowie verschiedene Lacke und Kleber liegen mit im Paket. Alles was man selbst braucht, ist eine scharfe Schere oder Rasierklinge, Schleifpapier, ein sogenannter Bobbin, der die Garnrolle hält und Tape.
Schritt 1 — Griffteil
Wir beginnen mit dem Zusammenbau der Rute am Handteil. Zunächst wird alles ohne Klebstoff zusammengesteckt und mit dem beiliegenden Stift eine Markierung am oberen Ende des Korkgriffes gemacht. Diese Markierung ist sehr wichtig, da wir unterhalb dieser den Blank mit Schleifpapier anrauen werden. Oberhalb der Markierung darf der Blank auf keinen Fall geschliffen werden, da man ihn hier sehen wird! Um wirklich sicher zu gehen, dass der Blank hier beim Anschleifen nicht beschädigt wird, kann man ihn mit etwas Tape abkleben.
Anschleifen des Griffstücks
Anschleifen des Griffstückes
Der Blank wird mit Schleifpapier etwas angeraut, um eine gute Fläche für die anschließende Klebung zu erhalten.
Nach der Vorbereitung mit dem Schleifpapier kann es ans Eingemachte gehen! Damit wir Fighting Butt, Rollenhalter und Kork beim Kleben direkt richtig positionieren, erneuern wir die Markierungen, die beim Schleifen eventuell entfernt wurden. Um einen sicheren Sitz des Rollenhalter zu garantieren, bauen wir einen sogenannten Steg aus Tape, der als Basis dient. Auch der Fighting Butt erhält einen solchen Steg aus Tape, der allerdings deutlich flacher ausfallen kann, da die Bohrung bereits sehr exakt ist. Der Korkgriff braucht keinen Steg — die Bohrung ist hier bereits absolut passgenau!
ACHTUNG, Kleber!
ACHTUNG, Kleber!
Immer, wenn Klebstoff ins Spiel kommt wird es ernst!
Nun wird das gesamte Griffteil geklebt — mit dem beiligenden 2K-Klebstoff hat man hierfür ungefähr 15–20 Minuten Zeit. Länger sollte man nicht brauchen, da dann alles langsam hart wird. Das ideale Mischungsverhältnis beträgt 1:1. Zunächst wird der Rollenhalter geklebt, anschließend der Korkgriff. Beide Teile werden von oben, nach unten in Position geschoben. Hierfür muss man einen eventuell angebrachten Schutz aus Tape natürlich entfernen. Den Korkgriff drehen wird beim Schieben nach unten leicht um die eigene Achse, um den Klebstoff ideal zu verteilen. Abschließend wird der Fighting Butt sowie der Trim Ring von unten nach oben, Richtung Rollenhalter, aufgeschoben und so fixiert. Überschüssigen Klebstoff kann man während dieses Prozesses mit einem der beiliegenden Plastiktools entfernen. Hat man zu sehr gesaut, hilft reiner Alkohol, um Lacküberschüsse zu entfernen. Bevor wir das Griffteil zum Trocken abstellen, richten wir bei diesem Modell das Logo auf Rollenhalter und Blank in einer Linie aus.
Schritt 2 — Ringe und Ringwicklungen
Während das Griffteil trocknet, wenden wir uns den restlichen drei Teilen der Rute zu. Zunächst gilt es, das “Spine” (das Rückgrat) der Rute zu finden. Hierzu rollen wir jedes einzelne Blankteil unter Spannung im 45 Grad Winkel auf einer harten Fläche. Der Zeigefinger einer Hand liegt hierbei in der Mitte des Blankteiles und übt leichten Druck aus.
Es gibt bei jedem Blankteil eine Position, in der das Blankstück zum Liegen kommt. Klingt komisch, wer es aber mal macht, merkt sofort, was gemeint ist. Es gibt auch entsprechende Videos bei Youtube — sucht gerne mal nach “how to find a fly rod spine”. Theoretische Ausführungen zum Spine einer Rute würden hier jeden Rahmen sprengen. Nur ganz kurz: Es gibt Leute, die behaupten, man könnte die Aktion einer Rute minimal beeinflussen, je nach dem auf welcher Seite des Spines man die Ringe platziert. Es gibt genau so viele Leute, die das für Quatsch halten.
Viel wichtiger ist: Bei der Platzierung der Ringe müsst ihr euch keinen Stress machen. Epic hat die perfekten Ringabstände bereits getestet und eine entsprechende Tabelle findet ihr auf der Website. Die Ringe sind entsprechend sortiert verpackt und beschriftet. Ihr müsst nur die Abstände von der Spitze zur jeweiligen Mitte des Rings ausmessen und schon seid ihr fertig. Die Ringe fixieren wir mit etwas Tape und dann kann es ans Wickel gehen!
Die Ringwicklungen sind wirklich kein Hexenwerk und folgen immer dem gleichen Prinzip. Erst kommt der Bobbin ins Spiel! Dieser hält die Garnrolle und wird einfach an der Stelle in den Karton gestochen, an der wir ihn brauchen. Während des Wickelprozesses entstehen so eine ganze Reihe an Löchern, da die ideale Stelle fast immer eine andere ist. Der Karton selbst wird zu unserer Wickelbank, da man die beiliegenden Stützen einfach im Karton hochklappen kann. Um eine Wicklung zu beginnen, wird zunächst das Garn mit sich selbst überwickelt, um es so zu fixieren. Das überstehende Ende wird kurz abgeschnitten und einfach überwickelt. Hierbei wickelt man immer Richtung Ring-Mitte. Unsere eine Hand ist der Wickelmotor, der die Rute auf der Pappablage dreht, die andere Hand führt das Garn. Nun gilt es, die einzelnen Runden möglichst eng aneinander und nicht zu fest zu wickeln! Der Lack muss später gut eindringen können. Um eine Wicklung abzuschließen, wickelt man eine Schlaufe ein und überwickelt diese cirka 5–8 Mal. Anschließend schneidet man das Garn ab, fädelt es durch die Schlaufe, schneidet es erneut kurz(!) ab, und zieht den kleinen Rest mithilfe der eingewickelten Schlaufe unter sich selbst durch; so erhält man eine saubere Ring oder Zierwicklung.
Um eine abgeschlossene Wicklung noch etwas zu verbessern, kann man mit einem der runden Plastiktools, die dem Kit beiliegen, vorsichtig über die Wicklung streichen. Dies verteilt die einzelnen Garnstränge etwas sauberer und sorgt für einen guten Look. Hiermit darf man es aber nicht übertreiben, da sich sonst die Wicklung lösen kann!
Schritt 3 — Ausrichtung und Lack
Wenn alle Ringe gewickelt sind, erfolgt die finale Ausrichtung. Hierzu nehmen wir zunächst die einzelnen Rutenteile und schauen durch die Ringe. Liegen alle in einer Flucht? Haben wir uns an die gemachten Markierungen gehalten? Für die abschließende Kontrolle stecken wir die Rute dann zusammen und schauen durch den Leitring. Falls ein Ring nicht perfekt sitzt, kann man ihn vorsichtig mit dem Daumen in Position schieben. Die Ringwicklung sollte hierbei nicht aufgehen.
Für den letzten Schritt brauchen wir Geduld oder einen kleinen E‑motor. Wenn der Lack aufgetragen wurde, muss die Rute einige Stunden in Bewegung gehalten werden. Man kann die Rute selbst jede Minute um ca. 180 Grad drehen, aber die meisten Rutenbauer bedienen sich eines kleinen Motors. Es gibt spezielle Trockenmotoren für den Rutenbau, die man in vielen Shops erwerben kann — der Motor einer Diskokugel aus dem 1€-Shop funktioniert aber genau so gut.
Den beiliegenden Lack mischen wir im Verhältnis 1:1 — die Spritzen, in denen der Lack geliefert wird, machen das Messen einfach. Wir werden zwei Lackschichten aufbringen, um eine sichere Versiegelung der Wicklungen zu erhalten. Die erste dieser beiden Schichten verdünnen wir mit reinem Alkohol im Verhältnis 1:1:1 — so dringt der Lack besser in die Wicklungen ein. Wenn man den Lack mit einem der Plastiktools anrührt, sollte man langsam rühren und das Tool nicht vom Boden des Mischbechers anheben, da sonst unschöne Luftblasen entstehen. Den fertig angerührten Lack gießen wir in eine kleine Schale auf Aluminiumfolie: so erhalten wir einen blasenfreien Lack und verlängern die Verarbeitungszeit.
Der Lack sollte nicht aufgemalt werden, sondern von der Wicklung selbst unter Rotation vom Pinsel gezogen werden. Hierbei arbeiten wir immer vom Ringfuß in Richtung Ringmitte; so werden keine Luftblasen eingeschlossen, die die Lebenszeit der Ringwicklungen verkürzen könnten.
Die erste Lackschicht lassen wir unter Rotation trocknen und können ungefähr 12 Stunden später die zweite, finale Schicht aufbringen. Diesmal wird der Lack nicht verdünnt, ansonsten gehen wir absolut identisch vor. Wichtig ist: nicht zu viel Lack aufbringen! Außerdem sollte man sich nicht zu lange an einer Wicklung aufhalten. Der beiliegende Lack hat einen sogenannten “Self-Leveling-Effect” — das bedeutet, dass er unter Rotation automatisch eine saubere, runde Oberfläche bildet. Bringen wir zu viel Lack auf, oder streichen wir mit dem Pinsel zu viel hin und her, um eine saubere Lackierung zu erzwingen, hat dies den gegenteiligen Effekt.
Ihr habt beim Lesen hoffentlich gemerkt: Rutenbau ist absolut kein Hexenwerk! Und es macht nicht nur viel Spaß, sondern gibt einem auch die Möglichkeit das Design und die Zutaten einer Rute genau an die eigenen Wünsche und Bedürfnisse anzupassen. Das Epic “Ready-to-Wrap” Kit ist beim Schritt in die Welt des Rutenbaus eine tolle Starthilfe — fragt mich bei Instagram nach einem Rabattcode, falls ihr Interesse an einem solchen Set habt. Auf euer erstes Set könnt ihr von mir 10% Rabatt bekommen.
Und jetzt ran an die Wickelbank und viel Spaß beim Bau der eigenen (Fliegen)rute!
Schöner Beitrag! Aber eine Frage hätte ich. Was hat die Einfuhr noch extra gekostet? Die Kits kommen doch aus Neuseeland….
Gruß Sven