Fischsterben Hamburg — Elbe 2023 | Wir sind nicht für populistische Aussagen bekannt, daher könnte man meinen, dass wir mit der Überschrift “Hamburger Politiker verursachen Massensterben” unseren ersten Klickbait verwenden. Ist das so? Der folgende Blog soll darüber Aufschluss geben und über eine traurige, vorhersehbare Situation 2023 an der Hamburger Elbe mit regelmäßigen Updates berichten.
Bereits 2022 schilderten wir unsere Beobachtungen zum bisher größten Fischsterben an der Hamburger Elbe, das wir persönlich in den letzten knapp 40 Jahren an der Elbe erleben mussten. Wir nannten Gründe für das Fischsterben in Hamburg, erläuterten grob, wie es zu zu wenig Sauerstoff in einem so großen Fluss wie der Elbe kommt, was die Elbvertiefung damit zu tun hat und fragten uns, ob die Elbe noch zu retten sei. Unter diesem Link könnt ihr es nachlesen.
Für mich als Laie, ich bin weder Biologe noch ausgebildeter Gewässerwart, wirkt es so, als würde uns ein weiteres großes Fischsterben in der Tidenelbe in und um Hamburg bevorstehen. Diese Meinung basiert nur auf den anglerischen Erfahrungen, die ich in der letzten Woche gemacht habe. Diese habe ich in Anschluss mit den aktuellen Wasserwerten der Elbe abgeglichen. Gestern, am 08.06.2023 wurde im Hamburger Westen, Station Seemannshöft, bereits ein Sauerstoffgehalt von nur 4,6mg/l gemessen. Tendenz sinkend, ab cirka 4mg/l wird es für die Fische kritisch. Da viele Fische meiner Meinung nach nicht mehr fressen, scheinen sie sich bereits wieder im Überlebenskampf zu befinden. Zig tausende Fische werden diesen Kampf wohl wieder verlieren. Ich hoffe, ich irre mich!
Eine Motivation für diesen Beitrag ist es, zu zeigen, wie einfach es (höchstwahrscheinlich) ist, das nächste große Fischsterben vorherzusehen. Für die Experten der Umweltbehörde, die die Politik beraten, sollte es noch viel einfacher sein. Dass das Fischsterben von Jahr zu Jahr größere Ausmaße erreicht und es daher alles andere als eine Überraschung für die verantwortlichen Personen in den Behörden und der Politik sein sollte, lasse ich mal außen vor.
Neben anderen Faktoren ist die kontinuierliche Elbvertiefung mit einhergehenden Verschlickung, 2022 wurden 40 Millionen Kubikmeter Schlick aus der Elbe gebaggert, der entscheidende Faktor für den tödlichen Sauerstoffmangel. Sicherlich haben vor den letzten Elbvertiefungen ausreichend objektive Experten vor äußerst negativen Entwicklungen für die Flora, Fauna und weiteren Problemen gewarnt. Da es natürlich immer ums Geld geht, unser Wirtschaftssystem ohne Wachstum nicht funktioniert, wurden diese Stimmen seitens der Politiker bewusst ignoriert, die somit diese widerkehrenden Massensterben zu verantworten haben.
In der Politik geht es meiner Meinung nach häufig um Kompromisse. Was ich daher nicht verstehe ist: wenn man die Elbe schon bewusst schädigt, nur deshalb XXX Millionen Mehreinnahmen im Hamburger Hafen durch die ganz großen Pötte generiert, warum nimmt man dann nicht einen Teil des Geldes und reinvestiert in die Elbe? Tut also Dinge, die dem Sauerstoffgehalt der Elbe zuträglich sind. Es wäre super, wenn jeder der diesen Beitrag liest, seiner Lieblingspartei diese Frage stellt. Die Kontaktdaten findet Ihr am Ende des Beitrags.
Weitere Fragen für den Hamburger Senat:
- Wurde nach dem Fischsterben 2022 versucht zu ermitteln, wie viele Tonnen Fisch circa gestorben sind?
- Gibt es so etwas wie einen Arbeitskreis, der mit dem Thema “sterbende Elbe” beauftragt ist?
- Kümmert sich eigentlich irgendjemand in Hamburg um das Thema? Wenn ja, welche Maßnahmen sind kurz- und mittelfristig geplant, um die Elbe zu retten?
Maßnahmen, die den Sauerstoffgehalt der Hamburger Elbe positiv beeinflussen würden:
- Elbvertiefung stoppen
- Schlickbaggern zumindest in den warmen Monaten stoppen
- Flachwasserbereiche einrichten
- Ufervegetationen renaturieren
- Große Pötte sollen ihre Seewasser Lenzpumpen anschalten und auf die Wasseroberfläche richten (z.B. ab Sauerstoffgehalt von 8mg/l )
Wenn Euch weitere Fragen und Maßnahmen einfallen, dann schreibt sie bitte in die Kommentare. Ich nehme sie dann ggf. mit auf. Insgesamt ist es wichtig, dass ihr bei diesem Thema helft. Teilt also gerne diesen Beitrag und werdet im Rahmen Eurer Möglichkeiten maximal aktiv. Nur so haben wir eine kleine Chance, dass die Politik sich dem Thema endlich annimmt. Wenn nicht, dann geht die Elbe nämlich langsam aber sicher zugrunde.
Fische haben in Relation zu anderen Tieren eine sehr kleine Lobby. Durch die fehlenden Knopfaugen, den nicht sonderlich putzigen Nachwuchs und ihre bedingte Sichtbarkeit, scheinen sich nicht viele Organisationen um die Flossenträger zu kümmern. Zumindest wir Angler sollten versuchen, dies zu ändern. Da wir nicht mehr als unser Wort haben, bitte ich Euch laut zu werden. Wendet Euch mit kritischen Fragen an die politischen Entscheidungsträger.
Sendet uns neben fachlichem Input gerne Fotos von toten Fischen, die Ihr an der Elbe findet. Wir integrieren sie dann in diesem Beitrag und teilen sie in den Sozialen Medien. Ihr Leser könnt Euch gerne an hochgeladenen Bildern bedienen, diese runterladen und ebenfalls posten. #fischsterbenhamburg2023 Über unseren Instagram Kanal gibt es weitere Updates.
Die aktuellen Messwerte der Elbe könnt Ihr unter undine.bafg.de verfolgen.
Fischsterben in Hamburger | Elbe aktuell
Fischsterben Hamburg aktuell | Elbe 28. Juni 2023:
Neben den kleineren Hamburger Gewässern hat das Fischsterben nun auch in der Elbe begonnen. An verschiedenen Stellen wurden diverse tote Fischarten gefunden. Tote Lachse und Meerforellen sieht man leider jeden Sommer am Ufer der Elbe, da Salmoniden vermutlich mehr Sauerstoff als andere Fischarten benötigen. Aktuell sind aber auch schon tote Brassen, Karpfen, Rapfen, Zander etc. zu finden.
Die Sauerstoffwerte, die zwischenzeitlich im Hamburger Westen bereits unter 2mg/l Sauerstoff waren, haben sich durch die kühleren Temperaturen aktuell stabilisiert. Daumen drücken, dass es so bleibt.
Fischsterben Hamburg aktuell | Elbe 26. Juni 2023:
Die Regenfälle der vergangenen Tage hat zu einem großen Fischsterben in diversen Hamburger Gewässern wie Isebekkanal, Osterbekkanal, Mühlenteich an der Wandse, Kupferteich an der Berner Au, der Eilbekkanal mit dem Kuhmühlenteich, der Untere Bille und weiteren geführt. Starkregen spült Massen an Pflanzenresten, Straßenstaub und anderes Material in die Gewässer. Die Mikroorganismen, die diese Stoffe im Wasser abbauen, verbrauchen ebenfalls Sauerstoff und verschlimmern so die Sauerstoffknappheit.
Fischsterben Hamburg | Elbe 19. Juni 2023:
Die Sauerstoffwerte sind noch mal deutlich gesunken. Im Hamburger Westen (Seemannshöft) liegt der Sauerstoffgehalt durchgehend unter 4mg/l, was als Grenzwert für die Fische angesehen wird. Der niedrigste Wert lag bei ~2,6mg/l. Auch im im Hamburger Osten (Bunthaus) geht es rapide bergab. Heute morgen wurde dort ein Wert von ~2,9mg/l gemessen. Sicherlich haben die jetzigen Werte schon einigen Fischen das Leben gekostet, an der Oberfläche sind allerdings noch kaum tote Fische zu sehen.
Mittlerweile hat die Umweltbehörde die niedrigen Werte auf dem Radar und die Hafenverwaltung (HPA) reagiert, in dem sie bei Sauerstoffgehalten unter vier Miligramm pro Liter keine lokalen Baggerarbeiten gegen den Schlick mehr durchführen will. Ob dies einen Effekt haben wird, beleibt abzuwarten. Es ist aber definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Des Weiteren soll zwischen der HPA und Umweltbehörde ein Managementkonzept für zukünftige Flachwasserzonen angestrebt werden.
Fischsterben Hamburg aktuell | Elbe 18. Juni 2023:
Am 9. Juni habe ich der SPD, CDU, den Grünen und Linken eine Email geschrieben und auf das vermutlich eintretende Fischsterben aufmerksam gemacht. Mittlerweile hat mir immerhin die Linke in Person von Stephan Jersch (Fachsprecher für Umwelt- und Energiepolitik, Landwirtschaft, Tourismus, Tierschutz und Bezirke) geantwortet. Mit seiner Genehmigung kann ich seine Antwort hier publizieren:
Sehr geehrter Herr Burmester,
Ihre Mail ist mir weitergeleitet worden und ich möchte, mit ein wenig Verspätung, versuchen zu antworten. Das Fischsterben im letzten Jahr ist uns bewußt. Es reiht sich in eine regelmäßige Kette von Fischsterben ein, die durch Sauerstoffmangel in der Elbe hervorgerufen werden. Wir haben zur ökologischen Situation der Elbe im Zusammenhang mit den jährlichen Baggerarbeiten und der Elbvertiefung in den letten Jahren mehrere Anfragen in Zusammenarbeit mit dem Nabu gestellt. In dieser Legislaturperiode lag der Schwerpunkt dabei allerdings auf der Drohung des Senats Schlick vor Scharhörn zu verklappen und damit ein weiteres Gebiet ökologisch zu gefährden. Konkret haben wir zum Fischbestand in der Elbe mit dem Zustand der Stint-Population beschäftigt, bei der eine besondere Gefährdungssituation vorliegt (https://www.buergerschaft-hh.
Traurigerweise kann ich zum Zustand der Fauna in der Elbe nur das konstatieren was bereits bekannt ist und auch den Umweltverbänden klar ist. Außer den regelmäßigen Hinweisen auf die Folgen der Unterhaltungsbaggerei auf die Fischbestände und dire Mißachtung der Wasserrahmenrichtlinie sind uns, genauso wie den Umweltverbänden, die Hände gebunden. Die einzige Möglichkeit, wie auch die Anfragen zeigen, eine Verbesserung des Zustands der Elbe zu erreichen wäre eine Reduzierung der Baggerei. Das ist angesichts der Senatsposition ein auswegloses Verlangen. Leider kann ich Ihnen hierzu nicht mehr mitteilen und auch seitens der Umweltverbände gibt es derzeit nicht ‘die Idee’ mit der eine Lösung in Sicht wäre. Die Situation von Sauerstoffloch zu Sauerstoffloch die Mißachtung der Wasserrahmenrichtlinie zu kritisieren ist zutiefst unbefriedigend, zugegebenermaßen. Und parlamentarisch ist die Linksfraktion mit ihrer Kritik an der Elbvertiefung und deren Auswirkungen allein unterwegs, solange die Grünen in die Koalition eingebunden sind.
Letztendlich geht es uns hier ähnlich wie dem Anglerverband, der auf ein Papier des Fördervereins ‘Rettet die Elbe’ verwiesen hatte. Auch hier wird das Tidegeschehen, die Eintrübung der Elbe, mangelnde Flachwasserzonen aufgegriffen. Letztendlich sind das zwar Sekundärfolgen der Elbvertiefungen aber zumindest Ansatzpunkte zur Folgenbegrenzung. Die Schaffung neuer Flachwasserzonen ist sicherlich wichtig, stößt aber immer wieder auf den Widerstand von Anwohnerinnen und Anwohnern. Teilweise verständlich, teilweise aber auch sicherlich in einem Diskussionsprozess zu verarbeiten. Die Öffnung der Dove-Elbe haben wir wegen der mangelnden Wirksamkeit nach Vorlage des letzten Gutachtens als Fraktion abgelehnt. Unsere Entscheidung zur Öffnung der Alten Süderelbe werden wir erst nach Vorlage des derzeit erarbeiteten Gutachtens treffen. Grundsätzlich sind wir aber der Meinung, dass ich eine Tideöffnung von Elbbereichen nur dann offensiv vertreten kann wenn auch Hamburg seinen Teil dazu beiträgt und vor allem auf die weitere Zuschüttung von Hafenbereichen verzichtet. Davon ist in der Regierungspolitik aber nichts festzustellen. Grundsätzlich hielte ich es für sehr hilfreich, wenn die Stimme der Anglerverbände in diesem Zusammenhang auch hörbarer würde. Das wäre eine deutliche Unterstützung.
Leider kann ich Ihnen nicht mehr dazu schreiben, wollte aber das ganze Dilemma zwischen ‘Heiliger Kuh Hafen’ und den Möglichkeiten im Parlament einmal ausrollen.
Für Fragen, Anregungen und Anmerkungen stehe ich gerne zur Verfügung und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Stephan Jersch
Fischsterben Hamburg aktuell | Elbe 10. Juni 2023:
Nach dem gestrigen Reel bei Instagram haben sich die ersten Angler gemeldet, die tote Fische im Bereich der Hamburger Elbe gesehen haben. Fotos folgen. Im Hamburger Westen (Seemannshöft) liegt der Sauerstoffgehalt bei ~4,2mg/l, im Hamburger Osten (Bunthaus) bei ~6,4mg/l.
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Fischsterben Hamburg aktuell | Elbe 9. Juni 2023:
Viele Fische haben das Fressen eingestellt, da sie sich bereits im Überlebenskampf befinden. Noch haben wir allerdings keine toten Fische gesehen. Im Hamburger Westen (Seemannshöft) liegt der Sauerstoffgehalt bei ~4,8mg/l, im Hamburger Osten (Bunthaus) bei 7,5mg/l.
Kontaktdaten:
Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft
Email: schadensmanagement@bukea.hamburg.de
Telefon: 040 42840–2300
CDU Hamburg
Email: info@cduhamburg.de
Telefon: 040 46854–800
SPD Hamburg
Email: kontakt@spd-hamburg.de
Telefon: (040) 280 848 — 0
Grüne Hamburg
Email: info@gruene-fraktion-hamburg.de
Telefon: 040 – 42831–1397
Die Linke
Email: buero@die-linke-hamburg.de
Telefon: 040 — 3 89 21 64