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Satire zum Angeln

Kleine Satire des Anglerlebens

von Gerd Wertenbach

Mein Nach­bar, ein Flei­scher im Ruhe­stand, bat mich eines Tages vom Rasen­mä­hen zu sich, um mir eine Reh zu zei­gen, das ihm ein befreun­de­ter Revier­päch­ter zum Zer­le­gen gebracht hat­te. Die Abscheu in sei­nen Augen war echt, als er in mei­nem Bei­sein dem Tier in den Schlund fass­te und hau­fen­wei­se Mais­kör­ner zu Tage för­der­te, die das Reh vor sei­nem jähen Ende gefres­sen haben muss­te. „ Sind die Jäger schon so weit, dass sie Fut­ter­stel­len anle­gen, um die Beu­te bequem abknal­len zu können?“
Ich konn­te ihn ver­ste­hen. Mit dem Ehren­ko­dex, der in der Jäger­schaft ger­ne hoch­ge­hal­ten wird, hat­te ein sol­ches Vor­ge­hen wenig zu tun.

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Aber sind wir Ang­ler nicht längst ähn­lich gestrickt?

Geht es uns nicht auch nur noch um schnel­le Beu­te und leich­tes Spiel? Sind die Hoch­glanz­fo­tos weit­wink­lig getürk­ten Mons­ter­fi­sche nicht Vater des Gedan­kens, der uns Fut­ter­boo­te und High­tech Aus­rüs­tun­gen ein­set­zen lässt, um schnell den nächs­ten Groß­fisch in Sze­ne set­zen zu können?
In einem Ang­ler Blog war kürz­lich in einem Bei­trag zu lesen „Beim Angeln kommt es in der heu­ti­gen Zeit immer mehr auf die Grö­ße an, auch bei Forel­len. Gera­de in der Like-Gene­ra­ti­on sozia­ler Netz­wer­ke à la Face­book, muss man regel­mä­ßig Bil­der sei­ner kapi­ta­len Fän­ge pos­ten, um im Gespräch zu blei­ben (wenn man das denn will).”
Na dann, auf zu neu­en Ufern. Ich ken­ne da eini­ge Forel­len­zuch­ten, die mit ihren Angel­er­laub­nis­kar­ten wahr­schein­lich mehr Geld ver­die­nen als mit dem Fisch­ver­kauf. Hier kann man leicht im Gespräch blei­ben, wenn man aus einem über­vol­len 300m² Groß­fisch­tüm­pel die ers­te 4kg Lachs­fo­rel­le an Land gezo­gen hat. Die Anspruchs­vol­len unse­rer Zunft kön­nen das in publi­kums­ar­men Zei­ten mit der Flie­gen­ru­te tun und gleich dazu ein sehens­wer­tes Video dre­hen, um das letz­te Stück Selbst­ach­tung nicht ver­lie­ren zu müs­sen. Wie weit sind wir dann noch von dem Schreck­ge­spenst ent­fernt, den Fisch zu kau­fen, um ihn bild­mä­ßig als Fang­er­geb­nis prä­sen­tie­ren zu können?

Angelcartoon
Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung von © Dani­el Fuhr

Und, sei­en wir ein­mal ehr­lich, wel­chem Foto ist in Zei­ten der digi­ta­len Bild­be­ar­bei­tung noch zu trauen?
Im Latein­un­ter­richt habe ich gelernt „Die Zei­ten ändern sich und wir ändern uns mit ihnen” (tem­po­ra mutan­tur et nos mut­amur in illis). Der Natur­lieb­ha­ber, der in den frü­hen Mor­gen­stun­den mit sei­ner Gespli­eß­ten fast laut­los durch die Auen streift und mit sei­nem Beob­ach­tun­gen und Ein­drü­cken meist mehr Zeit ver­bringt als mit dem Fang sei­ner Fisch­mahl­zei­ten, ist aus­ge­stor­ben. Sei­ne Nach­kom­men wal­zen sich heu­te mit Sack­kar­re und Über­ge­päck ans Was­ser oder steu­ern ihr GPS über­wach­tes High Tech Boot zu den uner­reich­ten Hot­spots eines Gewäs­sers. Was hat in die­sem Getüm­mel die Natur in ihrem Erleb­nis­po­ten­ti­al noch ver­lo­ren? Es fehlt ganz ein­fach die Zeit, sie wahrzunehmen.

Dort, wo sich sonst die Muße breit gemacht hat, die Umge­bung in ihrer Viel­falt zu ver­in­ner­li­chen, Geräu­sche wahr­zu­neh­men und zu deu­ten oder ganz ein­fach die Stil­le zu genie­ßen, ist heu­te das Smart­phone ein­ge­zo­gen, dass den Ang­ler sei­ner Ruhe­pha­sen (der Flat­rate sein Dank) beraubt hat. Viel­leicht sind wir ja bald soweit, nicht nur unser Angel­ge­rät und den Köder son­dern auch unser Gewäs­ser damit smart­di­gi­tal über­wa­chen zu kön­nen. Mit der rich­ti­gen Firm­ware kann es dann nicht mehr so schwer sein, über die Fut­ter­mit­tel­steue­rung den nächs­ten Groß­fisch an die Angel zu bekom­men. Und, wenn wir es rich­tig anstel­len, wird das Fang­fo­to schon unter­wegs sein, bevor der Fisch wie­der in sein Ele­ment zurück­keh­ren darf.

Bis es soweit ist, lege ich ger­ne ein­mal die Rute aus der Hand und ver­su­che für eini­ge Augen­bli­cke ein Teil des­sen zu sein, das mich in sei­ner Ein­drucks­viel­falt umgibt. Auch um zu ver­ges­sen, dass mich das digi­ta­le Zeit­al­ter in mei­nen Angel­ge­wohn­hei­ten im Lau­fe der Jah­re längst ein­ge­holt hat.

Wie viel Wahr­heit steckt für Euch in die­sem Bericht? Wie beur­teilt Ihr die moder­nen Ent­wick­lun­gen des Angelns? Wir freu­en uns auf Eure Kom­men­ta­re unter dem Arti­kel und bei face­book.

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Gerd

Erster Angeleinsatz : Holland 1962 mit einer Fertigangel Bambus dreiteilig 3 m, Fangergebnis 36 Aale an einem Regentag im August. Danach Süßwasserangelei vorwiegend an der Mosel und den Mittelgebirgstalsperren (Sauerland) mit kurzer Visite in einem Angelverein (der mir mit seiner Vereinsmeierei schnell gezeigt hat, dass er für mich keine Heimat sein und schon gar keine Herausforderung bieten konnte). Nach der Schule im rheinischen Raum (Bonn und Umgebung) vorwiegend an großen nicht bewirtschafteten Kiesgruben auf Karpfen und Forellen, Flussangelei an der Mosel, Kyll(Saarland). Erste Erfahrungen mit der Salzwasserfischerei (Nordsee,Ostsee) ab den 70er Jahren. Regelmäßige Angelreisen ab 1982 nach Irland (Hecht, Browntrout), Kanada(Königslachs, Sockey). In den letzten 15 Jahren min 1x/Jahr Irland, Norwegen (nur Salzwasser), Süßwasser nur noch Talsperre, gelegentlich noch Flußangelei Lippe,Sieg (Raum Unna).

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