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AalBiologieSteven

Rückgang der Aalpopulation

Ursachen für den Rückgang der Aalpopulation

Dass die Popu­la­ti­on des Euro­päi­schen Aales (Anguil­la anguil­la) einen Tief­punkt erreicht hat, ist nichts Neu­es. Was aber die genau­en Ursa­chen dafür sind, dar­über strei­ten sich die Geis­ter. Vor der Durch­set­zung der Was­ser­rah­men­richt­li­nie (WRRL), sprach man vor allem über den Lebens­raum­ver­lust und über ver­bau­te Fließ­ge­wäs­ser, wel­che durch was­ser­bau­li­che Anla­gen wie Weh­re und Was­ser­kraft­an­la­gen, die Jung­aa­le am Auf­stieg hin­der­ten. In den letz­ten Jah­ren wur­den vor allem die Fischer an den Pran­ger gestellt. Dann kam die Dis­kus­si­on über die Kli­ma­er­wär­mung dazu. Und nun sol­len japa­ni­sche Wür­mer schuld sein? Der Nach­fol­gen­de Arti­kel bringt ein wenig Licht in´s Dunkel.

Bedrohter Aal
Schö­ner Aal in guter Kondition

Mögliche Ursachen

Inner­halb mei­ner Recher­chen, konn­te ich eine Viel­zahl von mög­li­chen Fak­to­ren für den star­ken Rück­gang des Bestands unse­res Euro­päi­schen Aales herausfiltern.

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Zu den ozea­ni­schen und kli­ma­ti­schen Fak­to­ren, wel­che zum größ­ten Teil auf den Kli­ma­wan­del zurück­zu­füh­ren sind, gehö­ren die Ver­schie­bung des Golf­stro­mes, die nord­at­lan­ti­sche Oszil­la­ti­on (regel­mä­ßi­ge Schwan­kung der Popu­la­ti­on – ein natür­li­cher Vor­gang), die Was­ser­tem­pe­ra­tu­ren in der Sar­gas­so­see (Laich­ge­biet der Aale) und die West­wind­häu­fig­keit in der Nord­see, wel­che in Fol­ge die Wan­de­rung der Aale erschwert.

Satzaale
Aal­be­satz — mehr Fluch als Segen

Die hohe Mor­ta­li­tät (Ster­be­ra­te) durch fische­rei­li­che Ent­nah­me betrifft fast alle Lebens­sta­di­en des Aals vom ers­ten Jugend­sta­di­um (Glas­aal) über her­an­wach­sen­de, auf­stei­gen­de Tie­re (Gel­baa­le) und geschlechts­rei­fe, abwan­dern­de Indi­vi­du­en (Blan­kaa­le). Der Fang von Glas­aa­len stellt hier­bei eine Beson­der­heit dar: Wenn die jun­gen, noch durch­sich­ti­gen Jung­aa­le nach etwa ein­jäh­ri­ger Rei­se an die Küs­ten Euro­pas und Nord­afri­kas gelan­gen, beginnt die ers­te kon­ti­nen­ta­le Lebens­pha­se und gleich­zei­tig die ers­te Pha­se in der die Tie­re vom Men­schen befischt wer­den. In frü­he­rer Zeit waren es noch aus­schließ­lich euro­päi­schen Fischer die Glas­aa­le neben der direk­ten Ver­wer­tung als Lebens­mit­tel vor­wie­gend für die Mast in Aqua­kul­tu­ren sowie für den Besatz von Seen und Tei­chen abfisch­ten. Nicht belegt ist es, dass chi­ne­si­sche und ande­re fern­öst­li­che Fang­flot­ten ille­gal vor der Küs­te Afri­kas fischen, da sie ihre eige­nen Bestän­de bereits auf das gerings­te mini­miert haben. Die fast farb­lo­sen Jung­aa­le gel­ten in vie­len asia­ti­schen Län­dern als Deli­ka­tes­se, aber auch in Süd­eu­ro­pa lan­det ein nicht uner­heb­li­cher Teil in Kon­ser­ven. Die stark gere­gel­te Ent­nah­me der Glas­aa­le durch die euro­päi­schen Fischer, bedient heu­te voll­stän­dig die Abhän­gig­keit vom Besatz vie­ler euro­päi­schen Gewäs­ser. Ein bekann­tes Pro­blem hier­bei ist jedoch, dass schon beim Fang der Glas­aa­le ein nicht uner­heb­li­cher Teil durch die Fang­prak­tik sel­ber zu Tode kommt. Die glä­sern wir­ken­den Jung­fi­sche erho­len sich nur schwer von klei­nen Haut­ver­let­zun­gen und Quet­schun­gen die beim Fang ent­ste­hen. Bis heu­te umstrit­ten ist, inwie­fern besetz­te Aale über­haupt zum Laich­ge­sche­hen beitragen.

Die Mor­ta­li­tät durch Was­ser­kraft­wer­ke ist durch Tur­bi­nen­schä­den an abwan­dern­den Blan­kaa­len zu erklä­ren, was gera­de an den gro­ßen Strö­men im ehe­ma­li­gen Wes­ten Deutsch­lands ein sehr gro­ßes Pro­blem darstellt.

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Grundel als Beifang
Die Grun­deln sind meis­tens schnell am Köder, als der Zielfisch.

Aale waren schon immer anfäl­lig für Krank­hei­ten und Para­si­ten, was u.a. mit ihrem boden­na­hem Leben zusam­men­hängt. Der Japa­ni­sche Schwimm­bla­sen­wurm „Anguil­li­co­la“ (Anguil­la­co­la cras­sus), der zum Stamm der Faden­wür­mer zählt, ist neben dem Men­schen aktu­ell ein wei­te­rer gro­ßer Feind der Aale. Der blut­saugen­de Para­sit, wur­de Anfang der ´80er Jah­re aus dem „Land der auf­ge­hen­den Son­ne“, ver­mut­lich durch japa­ni­sche Aale ein­ge­schleppt und hat mitt­ler­wei­le zwi­schen 50 und 90% der deut­schen Bestän­de unter­lau­fen. Die para­si­tier­ten Fische sind nicht so gut an den Befall der Para­si­ten ange­passt wie ihre japa­ni­schen Ver­wand­ten (Anguil­la japo­nica) und erlei­den eine Schä­di­gung der Schwimm­bla­se. Umstrit­ten ist bis­her das Aus­maß der Schä­di­gung. Es wird ange­nom­men, dass die Schä­di­gung zum Ver­lust der Funk­ti­on der Schwimm­bla­se als für die Wan­de­rung even­tu­ell wich­ti­gem hydro­sta­ti­schem Organ, aber auch zu einer ver­rin­ger­ten Fit­ness, in sel­te­nen Fäl­len auch in der Fol­ge zum Tod füh­ren kann. Unklar ist, ob den geschä­dig­ten Tie­ren die nöti­ge Kraft für die lan­ge Wan­de­rung in das mehr als 5000 km ent­fern­te Laich­ge­biet fehlt. Ein zusätz­li­cher Ver­stär­ker für die Hohe Zahl der befal­le­nen Aale, ist die seit eini­ger Zeit mas­sen­haft auf­tre­ten­de Schwarz­mund­grun­del (Neo­go­bi­us mela­nosto­mus), wel­che sich der Para­sit neben Aland, Döbel, Kaul­barsch und Gründ­ling als zusätz­li­chen Zwi­schen­wirt aus­er­ko­ren hat. Ande­re Krank­heits­er­re­ger und Para­si­ten lösen den HVA (Aal-Her­pes-Virus), den EVEX (Eel-Virus-Euro­pean‑X) und die bak­te­ri­el­le Rot­seu­che aus, die zwar weni­ger häu­fig auf­tre­ten, aber nicht uner­wähnt blei­ben sollten.

Aal beim Zurücksetzen
Ja, auch Aale kann man releasen…

Eine Kon­ta­mi­na­ti­on mit Umwelt­gif­ten wie PCB´s (Poly­chlo­rier­te Biphe­nyle), HCB‘s (Hexachlor­ben­zole), Flamm­schutz­mit­tel (aus der Tex­til­in­dus­trie) und ande­ren Dioxi­nen, die sich zum Teil über Jah­re und Jahr­zehn­te im Sedi­ment fest­set­zen, kön­nen unter Umstän­den Krank­hei­ten aus­lö­sen, wel­che mög­li­cher­wei­se die Frucht­bar­keit von Aalen ver­rin­gern. Die Umwelt­gif­te könn­ten eben­falls die Leis­tungs­fä­hig­keit so ver­min­dern, dass die Fische ihre Laich­ge­bie­te nicht errei­chen kön­nen oder nur weni­ge Jung­fi­sche mit gerin­gen Über­le­bens­chan­cen hervorbringen.

Der Habi­tat­ver­lust im Bin­nen­land steht im Zusam­men­hang mit Ver­bau durch Wan­der­bar­rie­ren (z.B. Staue, Sohl­glei­ten) in Auen und dem Tief­land. Vie­le die­ser Hür­den, wur­den in Fol­ge der Umset­zung der Was­ser­rah­men­richt­li­nie zwar besei­tigt oder zumin­dest durch den Bau von Fisch­auf­stiegs­an­la­gen (umgangs­sprach­lich „Fisch­trep­pen“) pas­sier­bar gemacht. Noch immer ist ein Groß­teil der Flüs­se weit ent­fernt vom Ziel der WRRL, die einen „guten öko­lo­gi­schen Zustand“ vor­gibt. Die natür­li­chen oder zumin­dest natur­na­hen Fluss­ab­schnit­te, die den Aalen als Rück­zugs­ge­bie­te die­nen, sind zudem von der zuneh­men­den Eutro­phie­rung (das Sich­an­rei­chern von Nähr­stof­fen in einem Öko­sys­tem) betrof­fen. Laut der Ein­schät­zung des Inter­na­tio­nal Coun­cil for the Explo­ra­ti­on of the Sea (ICES), sind aktu­ell bis zu 50 % der Gewäs­ser betroffen.

Eine erhöh­te Präda­ti­on durch den Kor­mo­ran (Phalacro­co­rax car­bo) und ande­ren Fress­fein­den, wel­che ger­ne auch von uns Ang­lern und Fischern als Aal-Kil­ler beschrie­hen wer­den, sind kei­ne flä­chen­de­cken­de Erschei­nun­gen, vor allem das inva­si­ve Auf­tre­ten der schwar­zen Ruder­fü­ßers, ist nur Punk­tu­ell für die Popu­la­ti­on relevant.

Abschlie­ßend kann man sagen, dass die Gesamt­heit der Fak­to­ren im Zusam­men­spiel zur aktu­el­len Pro­ble­ma­tik – des stark redu­zier­tem Bestan­des — geführt haben. Um die­sem Trend kurz­fris­tig ent­ge­gen­zu­wir­ken, sind neue Fang­be­gren­zun­gen bzw. Fang­ver­bo­te unab­ding­bar. Die Rena­tu­rie­rung der Gewäs­ser soll­te wei­ter vor­an­ge­trie­ben wer­den um den Fischen einen mög­lichst natür­li­chen Lebens­raum bie­ten zu kön­nen. Außer­dem soll­te in die For­schung inves­tiert wer­den, um eine künst­li­che Ver­meh­rung der Aale in Aqua­kul­tu­ren zu ermög­li­chen um damit dem natür­li­chen Bestand zu ent­las­ten oder den Krank­hei­ten und Para­si­ten Ein­halt gewäh­ren zu können.

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Ver­wand­te The­men: Der bedroh­te Aal /// Grun­del Invasion



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5 Kommentare

  1. Dan­ke für das Feed­back Danie­la! Die Rena­tu­rie­rung und Sanie­rung vie­ler Gewäs­ser geht ja zum Glück vor­an. Hof­fen wir, dass die WRRL schnellst mög­lich aller Orts umge­setzt wird.

  2. Das ist ein sehr kom­pe­ten­ter Arti­kel. Vie­len Dank für die inter­es­san­ten Inofs. Ich bin sehr für eine Fang­be­gren­zung und vor allem auch für die Rena­tus­ie­rung der Gewäs­ser. Das ist ja nicht nur für die Aale bes­ser, son­dern für so vie­le Tie­re. Ich möch­te hier nicht als Moral­apos­tel erschei­nen, esse ja sel­ber ger­ne Fisch, aber neben allem Genuss soll­ten wir nie aus den Augen ver­lie­ren, dass die Tie­re sich aus­rei­chend wei­ter vermehren. 😉 

    Lie­be Grü­ße aus Bri­xen Südtirol

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